L(i)eben

Dienstag, 21. August 2007

Morgenwonne

von Joachim Ringelnatz (1883 – 1934)

Ich bin so knallvergnügt erwacht.
Ich klatsche meine Hüften.
Das Wasser lockt. Die Seife lacht.
Es dürstet mich nach Lüften.

Ein schmuckes Laken macht einen Knicks
Und gratuliert mir zum Baden.
Zwei schwarze Schuhe in blankem Wichs
Betiteln mich "Euer Gnaden".

Aus meiner tiefsten Seele zieht
Mit Nasenflügelbeben
Ein ungeheurer Appetit
Nach Frühstück und nach Leben.

Sonntag, 22. Juli 2007

Ohne Titel

Ich habe das unveräußerliche, verfassungsmäßige und naturgegebene Recht zu lieben, wen ich will. So lang oder so kurz zu lieben, wie ich kann. Diese Liebe, wenn es mir gefällt, jeden Tag einem anderen zu schenken. Victoria Woodhull (1838 – 1927)

Informationen über die bekannteste US-amerikanische Frauenrechtlerin des 19. Jahrhunderts, die sich 1872 sogar um das Präsidentschaftsamt bewarb, finden sich zum Beispiel hier und hier.

Samstag, 21. Juli 2007

Liebe ohne Heimat

von Gottfried August Bürger (1747 – 1794)

Meine Liebe, lange wie die Taube,
Von dem Falken hin und her gescheucht,
Wähnte froh, sie hab' ihr Nest erreicht
In den Zweigen einer Götterlaube.

Armes Täubchen! Hart getäuschter Glaube!
Herbes Schicksal, dem kein andres gleicht!
Ihre Heimat, kaum dem Blick gezeigt,
Wurde schnell dem Wetterstrahl zum Raube.

Ach, nun irrt sie wieder hin und her!
Zwischen Erd' und Himmel schwebt die Arme,
Sonder Ziel für ihres Flugs Beschwer.

Denn ein Herz, das ihrer sich erbarme,
Wo sich noch einmal, wie einst, erwarme,
Schlägt für sie auf Erden nirgends mehr.

Dienstag, 10. Juli 2007

Heimliches Lieben

von Karoline Louise von Klenke (1754 – 1802)

O du, wenn deine Lippen mich berühren,
Dann will die Lust die Seele mir entführen.
Ich fühle tief ein namenloses Beben
Den Busen heben.

Mein Auge flammt,
Glut schwebt auf meinen Wangen;
Es schlägt mein Herz ein unbekannt Verlangen;
Mein Geist, verirrt
In trunkner Lippen Stammeln
Kann kaum sich sammeln.

Mein Leben hängt in einer solchen Stunde
An deinem süßen, rosenweichen Munde,
Und will, bei deinem trauten Armumfassen,
Mich fast verlassen.

O! daß es doch nicht außer sich kann fliehen
Die Seele ganz in deiner Seele glühen!
Daß doch die Lippen, die voll Sehnsucht brennen,
Sich müssen trennen!

Daß doch im Kuß' mein Wesen nicht zerfließet
Wenn es so fest an deinen Mund sich schließet,
Und an dein Herz,
Das niemals laut darf wagen
Für mich zu schlagen!

Mittwoch, 20. Juni 2007

Der Brief, den du geschrieben

von Heinrich Heine (1797 – 1856)

Der Brief, den du geschrieben,
Er macht mich gar nicht bang;
Du willst mich nicht mehr lieben,
Aber dein Brief ist lang.

Zwölf Seiten, eng und zierlich!
Ein kleines Manuskript!
Man schreibt nicht so ausführlich,
Wenn man den Abschied gibt.

Donnerstag, 7. Juni 2007

Das achtzehnte Sonett

von Louise Labé (1524 – 1566)

Küß mich noch einmal, küß mich wieder, küsse
mich ohne Ende. Diesen will ich schmecken,
in dem will ich an deiner Glut erschrecken,
und vier für einen will ich, Überflüsse

will ich dir wiedergeben. Warte, zehn
noch glühendere; bist du nun zufrieden?
O daß wir also, kaum mehr unterschieden,
glückströmend ineinander übergehn.

In jedem wird das Leben doppelt sein.
Im Freunde und in sich ist einem jeden
jetzt Raum bereitet. Laß mich Unsinn reden:

Ich halt mich ja so mühsam in mir ein
und lebe nur und komme nur zu Freude,
wenn ich, aus mir ausbrechend, mich vergeude.

Informationen zu Louise Labé

Donnerstag, 31. Mai 2007

Oben

von Peter Altenberg (1859 – 1919)

Auf Gipfeln sollst du wandern!
An Abgründen!
Bereit, zu zerschellen, bereit!
Aber in den Tälern liegt der träge Dunst und die armselige Sicherheit!

Sonntag, 27. Mai 2007

Genug oft

von Christian Morgenstern (1871 – 1914)

Genug oft, daß zwei Menschen sich berühren,
– nicht leiblich, geistig nur – daß sie sich sehn,
daß sie sich einmal gegenüberstehn –
um sich danach vielleicht auf immer zu verlieren.

Genug oft, daß ein Lächeln zweier Seelen
vermählt – oh, nicht vermählt! Nur dies: sie führt,
so vor einander schweigend und erschüttert,
daß ihnen alle Wort’ und Wünsche fehlen,
und jede, unaussprechlich angerührt,
nur tief vom Zittern der verwandten zittert.

Freitag, 18. Mai 2007

Konjugation in deutscher Sprache

von Kaspar Hauser [i. e. Kurt Tucholsky (1890 – 1935)]

Ich persönlich liebe
du liebst irgendwie
er betätigt sich sexuell
wir sind erotisch eingestellt
ihr liebt mit am besten
sie leiten die Abteilung: Liebe

Donnerstag, 17. Mai 2007

Liebe

Es ist unendlich verschieden, einen Menschen lieben und "etwas" an ihm lieben, und sei dieses Etwas das Edelste; er wird doch Mittel; aber das Lieben des ganzen Menschen macht ihn mir nur zum Ziel seiner und meiner selber.Jean Paul (1763 – 1825)

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HELMUT ZEH

† 1. Juli 2005

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